ARBay

Stelle dir vor, du benötigst ein neues Regal für dein Wohnzimmer. Du gehst also zu einem Möbelhaus deines Vertrauens und schaust dich in deren Sortiment um. Nach einiger Zeit lässt du dich kurz vor Ort beraten, um einen Überblick über deine Möglichkeiten zu erhalten. Da du dir jedoch nicht genau vorstellen kannst, wie diese zu deinen anderen Möbeln passen würden, leihst du dir eine augmentierte Brille aus dem Möbelhaus aus. Diese setzt du zu Hause auf und kannst geleitet von einem Chatbot, in Form eines digitalem Verkäufers, unterschiedliche Konfigurationen wählen und ansehen. Solltest du schwierige Fragen haben, kannst du über die Brille auch mit einem Berater des Möbelhauses in Kontakt treten. Dieser Berater hätte dann kann dir dann Tipps und Hinweise geben, welche Konfigurationen sinnvoll sind und wo du das Regal hinstellen könntest. Solltest du dir bereits mit deiner Wahl sicher sein kannst du direkt das gewünschte Regal bestellen. Sofern du noch weitere Unsicherheiten hast, kannst du deinen mit der Brille gescannten Raum in einen Showraum im Möbelhaus laden. Dort kannst du dann deine favorisierten Ausstellungsstücke an unterschiedlichen Stellen platzieren und so die für dich beste Wahl treffen.

Basierend auf dieser Vorstellung versuchen wir im Projekt ARBay ein System zu entwickeln, welches diese, weitere oder andere Zukunftsvorstellungen realisiert. Bisher ist der Beratungsprozess beim Kauf von großen, hoch individualisierbaren und hochwertigen Gütern wie Möbeln komplex und daher noch nicht in den Onlinemarkt integriert. Während bereits daran gearbeitet wird die Anzeige von und Interaktion mit vergleichbaren Waren bzw. Objekten zu realisieren, ist vor allem die technische Unterstützung der Interaktion zwischen Kunden und Verkäufern für HCIS besonders interessant. Der Schwerpunkt der Lösungsansätze stützt sich in dem Zusammenhang auf Augmented-Reality-Technologien. HCIS versucht zu ergründen, wie Interaktion und Kooperation von mehreren Personen ablaufen und unterstützt werden kann. Im Projekt ARBay können bezogen auf die generelle Forschungsrichtung darüber hinaus auch spezifischere Fragen beleuchtet werden: 

  • Welche technischen und nicht technischen Eigenschaften sind für ein solches unterstützendes System wichtig oder hilfreich?
  • Wie kommunizieren Kunden und Verkäufer miteinander? Wie kann diese Art der Kommunikation intuitiv-nutzbar unterstützt werden?
  • Wie unterscheidet sich das Miteinander, wenn der Verkäufer lediglich remote verfügbar ist.
  • Auf welche Art und Weise kann auf Objekte, Positionen oder Konfigurationen der realen und virtuellen Welt referenziert werden?
  • Welche Informationen oder Konfigurationsoptionen werden während des Prozesses benötigt? Welche davon sind einem Verkäufer zuzumuten? Welche überfordern den Kunden?
  • Welche noch unbekannten Probleme oder Synergieeffekte können auftreten?

Diese und weitere Fragen wird HCIS im Verlauf des Projektes untersuchen und zu klären versuchen. Um zu Beginn einen Überblick über Beratungs- und Verkaufsgespräche zu erhalten, wird HCIS im ersten Schritt Verkäufer in Möbelhäusern des Projektpartners tejo begleiten und die dort ablaufenden Beratungs- und Verkaufsprozesse dokumentieren. Auch die Erfahrungen von Kunden und Verkäufern bei diesen Gesprächen sind dabei relevant, um ein übergreifendes Verständnis zu erhalten und im späteren einen realistischen Prozess abzubilden. Bei Überlegungen zum Design der Benutzeroberfläche des unterstützenden Systems kann aus diesem Wissen dann geschöpft werden.
Über das Projekt hinaus werden die gewonnenen Ergebnisse und Erfahrungen von HCIS veröffentlicht, um zukünftig Kommunikationsprozesse zu optimieren.

Das Projekt ARBAY selber ist im September 2018 gestartet und soll die Beratung und Konfiguration von großen, hochindividualisierbaren Gütern wie z.B. Möbeln ins heimatliche Wohnzimmer bringen. Unterstützt durch Virtual- und Augmented-Reality-Technologien und automatisierten Chat-Bots sollen neue digitale Vertriebswege geschaffen werden. Dabei können Kunden geleitet von Chat-Bots eine erste Vorauswahl treffen und anschließend mit einem Verkäufer Details abstimmen oder sich von diesem beraten lassen. Die Prinzipien bereits bekannter Verkaufsplattformen müssen dafür erweitert werden. Konkret soll die im Projekt entwickelte Pilotanwendung in der Möbelbranche eingesetzt und getestet werden. Darüber hinaus wird das Lösungskonzept so entwickelt werden, dass es mit Hilfe von technischen Anpassungen auch für andere Verkaufsgüter (vgl. Fahrzeuge, o.ä.) genutzt werden kann.

Unterstützt von dem Bundesministerium für Bildung und Forschung arbeiten wir mit unterschiedlichen Verbundprojektpartnern zusammen, um alle nötigen Kompetenzbereiche bestmöglich abzudecken.

In mehreren Iterationen wird innerhalb von drei Jahren die bisherige Ausgangsituation analysiert, Prototypen getestet und eine finale Pilotanwendung entwickelt werden.
Im Projekt beschäftigt sich HCIS mit  überwiegend mit dem folgenden Arbeitspaket:
Kooperative 2,5D/3D AR-Umgebung für Beratungs-, Konfigurations- und Verkaufsgespräche / HMI

Basierend auf dem aktuellen Stand der Visualisierungs- und Interaktionskonzepte müssen Prozesse entwickelt und erprobt werden, welche die Interaktionen zwischen Kunden und Verkäufern abbilden. Durch Beobachten und Analysieren derzeitiger Verkaufs- und Beratungsprozesse wird ein Design erarbeitet und weiterentwickelt, welches mit Hilfe von AR-Technologien möglichst reibungslose und benutzerfreundliche Interaktion ermöglicht. Bei den Bedienkonzepten muss dabei vor allem auf die potentiellen Unterschiede zwischen Kunden, Verkäufern und Untergruppen geachtet werden. Während Verkäufer umfangreich auf das System und seine Bedienung geschult werden können, muss die Lösung für Kunden nach kurzer Einführung innerhalb kürzester Zeit intuitiv nutzbar sein.

Zusätzlich leitet HCIS das Projekt ARBAY.

Publikationen:

Blunk, O., Brown, G., Osmers, N. & Prilla, M. (2020). Potentials of AR technology for the digitalization of consultancy intensive sales processes on the example of furniture sales. Entwicklungen, Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung., 57–72. Postdam: GITO Verlag. https://doi.org/10.30844/wi_2020_t1-blunk

Blunk O, Brown G, Prilla M (2020) Möglichkeiten der Digitalisierung zur Beratung von hochkonfigurierbaren und hochindividualisierbaren Gütern. HMD Prax Wirtsch. https://doi.org/10.1365/s40702-020-00630-x

Kahrl, N., Prilla, M., & Blunk, O. (2020). Show me your Living Room: Investigating the Role of Representing User Environments in AR Remote Consultations. Proceedings of Mensch Und Computer 2020, 11. https://doi.org/10.1145/3404983.3405520

Brown, G. & Prilla, M., “The effects of consultant avatar size and dynamics on customer trust in online consultations,” in Proceedings of the Conference on Mensch und Computer, New York, NY, USA: Association for Computing Machinery, 2020, pp. 239–249. https://doi.org/10.1145/3404983.3405591 

Brown, G. & Prilla, M. (2019). Evaluating Pointing Modes and Frames of Reference for Remotely Supporting an Augmented Reality User in a Collaborative (Virtual) Environment. Mensch & Computer 2019.

Kontakt
Michael Prilla, Oliver Blunk, Gordon Brown

Weitere Informationen zum Projekt gibt es auch unter www.arbay-projekt.de 

Möbel Lab

Möbel Lab

Unser geplantes „Forschungswohnzimmer“ an der TU Clausthal